Neben den SPD-Mitgliedern sind viele Gäste aus Wirtschaft und Verwaltung der Einladung zu dieser SPD-Veranstaltung nachgekommen.
Stephan Weil, SPD-Landesvorsitzender und Ministerpräsident von Niedersachsen, ist nach Oldenburg gekommen, um Jürgen Krogmanns Kandidatur zu unterstützen.
Vor der Wahl zum Kandidaten stellt Jürgen Krogmann in einer von Beifall mehrfach unterbrochenen Rede sich und seine politischen Schwerpunkte vor.
Die Rede im Wortlaut (hier das Manuskript, es gilt das gesprochene Wort):
Lieber Stephan Weil,
lieber Landtagspräsident a.D. Horst Milde, liebe Oberbürgermeister a.D. Dieter Holzapfel und Dietmar Schütz,
lieber Landtagskollege Ulf Prange, lieber Bernd Bischoff als Fraktionsvorsitzender,
liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Gäste!
Heute sind es noch 255 Tage, dann sind die Oldenburgerinnen und Oldenburger aufgerufen, ein neues Oberhaupt für unsere Stadt zu wählen.
Die Bürgerinnen und Bürger wissen bereits seit einiger Zeit, dass ich mich zur Wahl stelle. Ich möchte Oberbürgermeister der Stadt Oldenburg werden, weil ich diese Stadt liebe, weil ich hier zuhause bin, weil ich Oldenburg unheimlich viel zu verdanken habe. Davon möchte ich etwas zurückgeben.
Viele von euch haben mir in den letzten Wochen Unterstützung zugesagt, haben mich ermutigt und in dem Beschluss bestärkt, das macht mich stolz, und dafür danke ich euch.
Heute geht es um die Nominierung. Was heißt das eigentlich? Heute fällt der Startschuss für einen politischen Neuanfang im Rathaus. Der Startschuss für einen neuen Stil in der Oldenburger Kommunalpolitik. Es geht um mehr Gemeinsamkeit, es geht um mehr Leidenschaft für Oldenburg!
Aus Gesprächen weiß ich, dass viele Menschen in der Stadt das Gefühl haben: Was da im Rathaus passiert, das hat mit ihnen persönlich gar nichts mehr zu tun. Das muss sich ändern. Die Oldenburgerinnen und Oldenburger sollen gerne zum Rathaus kommen, weil sie wissen, da ist jemand, der sich für ihre Anliegen interessiert, der sich mit Ihnen auseinandersetzt, der sie ernst nimmt, mit ihnen streitet, aber dann auch gemeinsam nach Lösungen sucht. Das ist der neue Ansatz, das wird mein Ansatz im Oldenburger Rathaus sein. Dafür möchte ich mich mit ganzer Kraft einsetzen!
Wenn man sich bewirbt, dann stellt man sich zunächst einmal ordentlich vor:
Mein Name ist Jürgen Krogmann. Ich wurde 1963 in Steinfeld in Oldenburg geboren. Wer aufmerksam mitrechnet, stellt fest, ich bin vor einigen Wochen 50 Jahre alt geworden. Ich betone das mit Blick auf eine ältere Dame, die mich vor einiger Zeit gefragt hat: „Oberbürgermeister, sind Sie dafür nicht noch ein bisschen jung?“ Jetzt ist also endlich die 5 vor dem Komma und ich hoffe, die ältere Dame ist beruhigt.
Ich habe nach dem Abitur meinen Zivildienst in Vechta absolviert, habe dort auch meine Frau Inge (anwesend mit 3 Kindern) kennengelernt. Nächste Station war Köln – dort habe ich 1986 das Studium Geschichte und Germanistik begonnen. Dann Ende der Achtziger Jahre der Wechsel an die Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg, wo ich mein Studium fortgesetzt und erfolgreich abgeschlossen habe. Über die Uni in die Stadt, wie so viele in meiner Generation: Nach einigen Jahren als Reporter und Hörfunkmoderator beim NDR bin ich dann 1993 als Pressesprecher zur Oldenburger Stadtverwaltung gekommen.
Eigentlich wollte ich nur ein paar Jahre bleiben, aber dann hat es mich irgendwie gepackt. Kommunalverwaltung, Kommunalpolitik, das ist mein Ding. in keinem Bereich kann man so viel gestalten, wie dort. Ich durfte wichtige und wegweisende Projekte wie den Bau des ZOB, das Horst-Janssen-Museum, oder den Bau des OLantis, um nur einige zu nennen, begleiten und habe einen umfassenden Einblick in alle Bereiche einer Verwaltung mit ihren mehr als 2000 Beschäftigten bekommen. Mein Eindruck: Es gibt kaum etwas Vielfältigeres als die Arbeit in einer Stadtverwaltung.
Dort habe ich fast anderthalb Jahrzehnte gearbeitet. Zunächst für Heiko Wandscher, Dieter Holzapfel war damals OB. Nach dem Intermezzo mit Dr. Poeschel kam dann die aufregende Zeit mit Dietmar Schütz. Alle sind heute hier, ich darf sagen, Ich habe bei euch allen viel gelernt. Jeder war mir auf seine Art ein Vorbild. Horst Milde schließe ich gerne ein.
Dann kam das Jahr 2006. Dietmar wurde überraschend abgewählt, was auch für mich große Veränderungen mit sich brachte. Ich habe mich damals entschieden, in die Politik zu gehen. 2008 konnte ich direkt in den Niedersächsischen Landtag einziehen. Das war natürlich ein völliger Neuanfang: Reden nicht nur schreiben, sondern halten, politische Positionen nicht nur kommunizieren, sondern selbst erarbeiten und verantworten, das war damals für mich ziemlich neu.
Aber es hat ganz gut geklappt. Heute stehe ich vor euch, als Abgeordneter, der sein Handwerk beherrscht. Das gibt mir das nötige Selbstbewusstsein zu sagen, ich traue mir das Amt mit all seinen Anforderungen auch zu.
Und nicht nur das. Mein politisches Adressbuch ist durch die Zeit im Landtag prall gefüllt. Ministerien und Landesverwaltung, Landtagskollegen aus allen Fraktionen, Landräte, Bürgermeister, Funktionsträger in den Parteien und Verbänden – ich habe unheimlich viele Menschen kennenlernen dürfen. Dieses Netzwerk will ich einbringen und zum Wohl der Stadt nutzen.
Deshalb ist für mich die Wahl zum Oberbürgermeister auch kein endgültiger Abschied aus der Landespolitik, ich werde regelmäßig in Hannover präsent sein, meine Kontakte nutzen. Lieber Stephan Weil, ganz los wirst du mich nicht. Im Gegenteil.
Eine Bürgermeisterwahl ist keine Kommunalwahl. Da stellt man kein Wahlprogramm auf, wie die Parteien es tun. Trotzdem möchte ich heute auch zu einigen politischen Themen Stellung nehmen. Themen, die mir wichtig sind und bei denen ich klare Ziele verfolge:
Da steht für mich Bildung und Betreuung ganz oben. Lasst mich ein Beispiel bringen: Ich habe vor kurzem eine Email bekommen. Da beklagt sich eine junge Mutter aus dem Stadtnorden bitterlich. Ihr Kind hatte im Kindergarten Ganztagsbetreuung. Sie und ihr Mann konnten beide arbeiten. Dann kam das Kind in die Grundschule und plötzlich ist mittags um 13 Uhr Schluss. Das ist leider noch in vielen Schulen in Oldenburg Realität.
Ich sage: Beruf und Familie zu vereinbaren, das muss eine Selbstverständlichkeit sein, das soll jungen Eltern in Oldenburg keine schlaflosen Nächte mehr bereiten. Wir müssen es schaffen, dass für jedes Kind in Oldenburg eine Ganztagsbetreuung möglich ist. Ein Kraftakt, zugegeben, aber wir können das schaffen, und ich will das schaffen.
Das ist übrigens auch eine Frage der Chancengerechtigkeit und der Teilhabe. Kinder aus benachteiligten Haushalten, Kinder mit Migrationshintergrund, die profitieren am meisten vom Ganztag. Deshalb reden wir hier nicht über soziale Wohltaten, da geht es um unsere Zukunft. Und deshalb steht das für mich ganz oben auf der Tagesordnung.
Ein zweiter Punkt betrifft den Wohnungsbau. Früher galten die Oldenburgerinnen und Oldenburger einmal als die glücklichsten Menschen. Ein Grund: Die hohe Lebensqualität durch den enorm hohen Anteil von Ein- und Zweifamilienhäusern und die entspannte Situation für Mieter. Inzwischen sind Eigenheime im Stadtgebiet kaum noch erschwinglich. Wohnungen für kleine und mittlere Haushalte, für schmale Geldbeutel – Mangelware.
Ein angemessenes, barrierefreies und bezahlbares Wohnangebot in Oldenburg zu schaffen, das ist eine weitere zentrale Herausforderungen für die nächsten Jahre. Gemeinsam mit der Wohnungsbaugesellschaft, mit dem Mieterverein, mit Bauträgern und Maklern will ich mich an einen Tisch setzen, um konkrete Lösungen zu erarbeiten. Bezahlbarer Wohnraum für alle, dass muss unser Ziel sein!
Wir schmücken uns gerne damit, das Oldenburg noch wächst. Aber wir sollten genau hinschauen. Es sind nicht die Geburten, es sind Zuzüge und eine höhere Lebenserwartung, die unsere Einwohnerzahl noch leicht ansteigen lassen.
Die Menschen in Oldenburg werden in den nächsten Jahren durchschnittlich älter sein, sie werden im Durchschnitt weniger Geld haben, die familiären Bindungen werden sich noch stärker aufgelöst haben. Körperliche Einschränkungen werden bei vielen dazu führen, dass viele in ihren eigenen 4 Wänden alleine nicht mehr klar kommen.
Zu den baulichen Herausforderungen kommen die sozialen Probleme. Immer mehr Menschen sorgen sich vor Armut und Einsamkeit im Alter. Dieses Problem möchte ich frühzeitig angehen. Es gibt erste gute Ansätze (Evasenio, AWO, DRK). Aber das muss und wird noch mehr werden. Oldenburg soll noch stärker eine Stadt des sich Kümmerns, eine Stadt der guten Nachbarschaft werden. Dafür trete ich an!
Lasst mich noch einen Punkt erwähnen, der für mich herausragende Bedeutung hat. Die Stadt Oldenburg hat vor einigen Wochen das restliche Areal des Fliegerhorstes erworben. Das ist gut so. Aber. Kaufen allein reicht nicht. Wir haben hier die Chance – vielleicht zum letzten Mal – einen völlig neuen Stadtteil aus einem Guss zu entwerfen. Ich will diese Chance nutzen.
Wir brauchen dort eine gelungene Planung für die Entwicklung von Wohnen und Gewerbe, Kultur, Freizeit und Naturschutz, und ich will die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig an der Diskussion beteiligen. Die SPD hat dazu eine Bürgerwerkstatt angeregt. Wir haben bereits im Haushalt die entsprechenden Mittel eingesetzt.
Das ist die neue Handschrift, die wir als SPD schon jetzt in die Stadtentwicklung einbringen. Diesen Weg werde ich als Oberbürgermeister konsequent beschreiten, und ich freue mich darauf, den neuen Stadtteil gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern zu gestalten.
Die Basis von allem ist eine gute wirtschaftliche Entwicklung. Beeindruckend in den letzten Jahren, was sich da in Oldenburg in den letzten Jahren entwickelt hat. Im Einzelhandel in der Innenstadt, aber auch bei Zukunftstechnologien, bei den Erneuerbaren Energien, im IT-Bereich. Herzstück dieser Entwicklung und Dynamik sind die Universität und die Fachhochschule. Diese Entwicklung ist kein Selbstläufer, sie muss von der Stadt aktiv begleitet werden.
Die European Medical School muss gefestigt und weiterentwickelt werden, Oldenburg muss auch noch stärker von den Forschungsmitteln des Bundes profitierten. Um das zu erreichen, brauchen wir Unterstützung aus Land und Bund.
Da muss sich ein Oberbürgermeister an die Spitze der Bewegung setzen. Der muss seinen Abgeordneten in Hannover und Berlin Beine machen. Der muss die fordern. Ich bin in den letzten sechs Jahren nicht ein einziges Mal vom jetzigen Amtsinhaber auf Unterstützung angesprochen worden. Im Gegenteil: Ich musste mich immer förmlich aufdrängen. Liebe Kollegen aus Bundestag und Landtag, das verspreche ich euch, das müsst ihr nicht. Ich werde schon auf euch zukommen.
Das wird eine der ersten Amtshandlungen sein, die Oldenburger Abgeordneten aller Fraktionen aus Bundestag und Landtag einzuladen, und mit Ihnen eine Agenda zu entwerfen. Welche Hebel müssen wir gemeinsam in Hannover und Berlin in Bewegung setzen, um Oldenburg voran zu bringen?!
Dazu gehört übrigens auch eine enge Zusammenarbeit mit der Region. Oldenburg hat hier eine besondere Verantwortung. Wir sehen uns ja gerne als Hauptstadt der Region. Aber füllen wir diese Rolle auch aus?
Es kann ja ein Erfolgskonzept sein, sich komplett aus allem herauszuhalten. Carsten Sieling, der Bundestagskollege aus Bremen hat vor einiger Zeit von einer Isolationsstrategie des Oldenburger Rathauses gesprochen. Damit muss Schluss sein.
Für Oldenburg ist es enorm wichtig, den engen Kontakt zu Bremen und zu unseren Nachbarkreisen, Städten und Gemeinden zu suchen. Viele unserer Probleme lassen sich anders gar nicht lösen. (Beispiele: Bahn, andere.) Wir wollen eine Stadt der Kooperation sein. Wir reden mit unseren Partnern, wir planen nicht über ihre Köpfe hinweg. Das wird der neue Stil in der regionalen Zusammenarbeit sein.
Ein Oberbürgermeister darf kein Einzelkämpfer sein. Er hat neben eigenen Aufgaben auch und vor allem die Beschlüsse des Rates loyal umzusetzen. Im Rat arbeiten Menschen ehrenamtlich für ihre Kommune. Sie opfern dort ihre Freizeit und engagieren sich für das Wohl ihrer Stadt. Das verdient unseren Respekt. Ich freue mich, dass Ratsvorsitzender Bernd Ellberg anwesend ist.
Der Chef des Rathauses hat alle Fraktionen gleichberechtigt zu behandeln. Ich will, die Arbeit des Rates nach Kräften fördern und freue mich auf die Zusammenarbeit, mit allen die sich für unsere Stadt engagieren. Ich setze auf Kommunikation statt auf Konfrontation. Auf die SPD-Fraktion, da bin ich sicher, werde ich mich verlassen können. Ich setze aber auch auf gute Zusammenarbeit mit allen anderen demokratischen Fraktionen und werde meinen Teil dafür tun, dass das gelingt.
Ein Oberbürgermeister hat sein Amt überparteilich zum Wohle seiner Stadt auszufüllen, es ist kein Parteiamt. Ich werde aber den sozialdemokratischen Mantel nicht an der Rathaustür abgeben. Ich trete an als Sozialdemokrat und werde das Amt in Einklang mit den Werten der Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität ausüben.
Ich will mal an einem Beispiel festmachen, was das für mich bedeutet: Wir haben vor einiger Zeit festgestellt, dass im OLantis, einer Gesellschaft, die zu hundert Prozent der Stadt gehört, Hungerlöhne von knapp über 6 Euro bezahlt werden. So etwas wird es mit mir nicht geben. Ich übernehme Verantwortung auch für gute Arbeit, für Fairness und Tariftreue bei städtischen Ämtern und Gesellschaften. Dazu bekenne ich mich.
Vor uns liegt eine spannende Zeit. Denn auch, wenn das im Moment fast so aussieht, ganz ohne Konkurrenz wird das wohl nicht bleiben. Wir gehen mit Respekt in diese Auseinandersetzung – wir haben viel erlebt in Oldenburg – aber auch mit dem nötigen Selbstbewusstsein.
Wir werden einen intensiven Wahlkampf machen, die Vorbereitungen laufen bereits. Im Mittelpunkt steht für mich der direkte Kontakt zu den Menschen. Da darf man sich auch nicht zu schade sein, bei den Leuten an der Haustür zu klingeln oder auf den Wochenmärkten und Supermarkt-Parkplätzen ansprechbar zu sein. Das mache ich gerne.
Und damit warte ich auch nicht bis kurz vor der Wahl. Ich werde den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern suchen, sobald ihr mich offiziell nominiert habt. Vereine, Initiativen und Stadtteile ansprechen und fragen, was erwarten Sie von Ihrem neuen Oberbürgermeister? Was ist Ihnen wichtig? Wie sehen Sie die Zukunft Oldenburgs? Nur wenn man den Menschen zeigt: „Ihr seid uns wichtig“, „Uns interessiert es, wie ihr die Dinge seht“, nur dann erhält man das nötige Vertrauen.
Das ist meine Vorstellung von dieser Kandidatur, so will ich das angehen. Ich kann nicht zaubern, ich habe viel Respekt, vor dem, was vor uns, vor mir liegt. Aber ich kann hart arbeiten, kenne unsere Stadt und weiß, was ihr gut tut. Das gibt mir Kraft und Zuversicht für die nächsten Monate.
Nichts von dem, was ich heute erzählt habe, kann ich allein erreichen. Ich brauche Unterstützung – nicht nur, aber ganz besonders auch aus meiner Partei. Wir schaffen das nur gemeinsam. Gemeinsam geht es! Dafür bitte ich euch heute nicht nur um eure Zustimmung für meine Kandidatur, ich bitte auch um eure Unterstützung im Wahlkampf.
Helft mit, dass wir es schaffen am 28. September. Dass jetzt endlich der Neuanfang im Oldenburger Rathaus gelingt. Oldenburg hat es verdient!!